Bund vom 07.01.2003 - Ressort Stadt & Region s.11
WEF-Kritiker formieren sich
Eine bunte Koalition sucht «Perspektiven nach Davos»
Das World Economic Forum (WEF) findet nach dem letztjährigen
Abstecher nach New York wieder in Davos statt vom 23. bis zum 28.
Januar 2003. Die Berner Globalisierungskritiker geben sich im Vorfeld
des Weltwirtschaftsforums kreativ-kämpferisch. «Gemeinsam
vorbereiten, gemeinsam hinfahren, gemeinsam demonstrieren»:
Nach diesem Motto haben die Anti-WTO Koordination Bern, attac Bern
und die kirchliche Kommission für Ökumene, Mission und
Entwicklungszusammenarbeit (OeME) in Bern 11 Veranstaltungen unter
dem Titel «Perspektiven nach Davos» organisiert.
Plattform gegen Ungerechtigkeit
Es sei «eine Plattform für Information, Diskussion und
Meinungsaustausch» im Vorfeld des Davoser Forums und im Hinblick
auf die Anti-WEF-Demo «Kein Krieg Kein WEF!», die am
25. Januar in Davos stattfinde, erklärte Sandra Ryf von der
Anti-WTO-Koordination Bern gestern vor den Medien. Am erstenAnlass
der Veranstaltungsreihe macht sich der Generalsekretär des
Ökumenischen Rates der Kirchen, Konrad Raiser, im Berner Münster
unter dem Titel «Antworten auf die Globalisierung Herausforderungen
für eine Kultur des Friedens» Gedanken zum Thema.
Weshalb beteiligen sich kirchliche Kreise in der Anti-WEF-Bewegung?
Für Irene Meier-de Spindler, Mitglied der Synode der reformierten
Kirchen Bern-Jura, ist es klar: «Die Kirche kann nicht schweigen,
wenn Ungerechtigkeit existiert. Gerade weil bei der Globalisierung
die Ungerechtigkeit so gut sichtbar ist, können wir hier erst
recht die Augen nicht verschliessen.»
Fahnen nähen im Workshop
Auch die Ohren müssen offen bleiben, wenn am 15. Januar Vertreter
der Gewerkschaft GBI und von attac Bern im Hotel Bern über
das «Zusammenspiel und die Differenzen der globalisierungskritischen
und der gewerkschaftlichen Bewegungen» diskutieren.
Zuhören und Hinsehen reichen jedoch noch nicht. Vielmehr sollen
laut Ryf alle selber aktiv werden können: «Wir wollen
gemeinsam etwas gestalten. Alle sollen sich an der Vorbereitung
der Demonstra-tion in Davos beteiligen können.» Beispielsweise
würden im Rahmen von Workshops in der Reitschule «möglichst
bunte und fröhliche Transparente gestaltet, Fahnen genäht
oder theatralische Irritationen eingeübt.» Mit Musik
und spektakulären Aktionen wollen die Globalisierungskritiker
in Davos auftreten, damit sie gesehen und gehört werden. «Im
Gegensatz zu den Hinterzimmertreffen der Mächtigen am WEF verstecken
wir uns nicht», betonte Ryf.
Finanziert wird die Veranstaltungsreihe mit den Einnahmen aus der
«Tour de Lorraine», bei der am 18. Januar für einen
Eintrittspreis von 20 Franken Musik und Filme geboten werden: in
den Berner Lokalen Café Kairo, Brasserie Lorraine, «Du
Nord», «OBolles», im Dachstock der Reitschule
sowie im Café Bar Mokka in Thun.
Protest soll gewaltfrei sein
Zwei Tage vor Beginn des WEF träfen sich alle zur «Letzten
Tankstelle vor Davos», wie sich Lis Füglister von attac
Bern ausdrückte. Dort fänden die letzten Koordinationsbesprechungen
statt, sagte sie:«Die Leute können sich noch einmal informieren,
bevor sie am nächsten Tag nach Davos reisen.»
Die minutiöse Vorbereitung soll dazu beitragen, dass es an
der Demonstration nicht zu Ausschreitungen kommt, wie Ryf betont:
«Es ist falsch, uns mit gewalttätigen Aktivitäten
gleichzusetzen. Wir wollen friedlich demonstrieren». Einen
Monat nach Abschluss des Davoser Wirtschaftstreffens, am 27. Februar,
findet die Schlussveranstaltung «nach Davos: Perspektiven»
statt. Diese soll laut Füglister zeigen, «dass wir auch
nach der diesjährigen Veranstaltungsreihe nicht von der Bildfläche
verschwinden». (epp)
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[i] Weitere Informationen:
http://www.perspektivennachdavos.tourdelorraine.ch.
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