Perspektiven nach Davos

Neoliberale Weltordnung. Auswirkungen, Widerstand und Alternativen

Perspektiven nach Davos  

Eine Veranstaltungsreihe in Bern, Januar 2003

 

Presse: Bund

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 Bund vom 10.01.2003, Ressort Stadt & Region, Seite 13

«Es braucht Druck und Dialog»

Ein Kirchenfunktionär sprach im Berner Münster über die Globalisierung

• MARKUS DÜTSCHLER

Wenn in Davos das ritualisierte Treffen der Mächtigen ansteht, formieren sich ähnlich routiniert die Kritiker des Weltwirtschaftsforums (WEF). Mittendrin fragt sich die Kirche, ob ein Dialog mit den Globalisierern sinnlos sei oder ob Gesprächsangebote zu nützen seien.
Auch der Vortrag gestern Abend im Berner Münster kreiste um diese Frage. «Antworten auf die Globalisierung Herausforderungen für eine Kultur des Friedens»: Dazu äusserte sich Konrad Raiser im Kerzenschein und von Orgelklängen umrahmt , einst Theologieprofessor in Bochum, seit 1992 Generalsekretär des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK). Dieser umfasst 340 Kirchen in 120 Ländern mit 400 Millionen Gläubigen und ist eine Art Kirchen-Uno. Ähnlich wie ein Uno-Generalsekretär führte Raiser zum Thema, nannte Definitionen, verwies auf Papiere und Beschlüsse von ÖRK-Konferenzen in aller Welt. Wer dem Vortrag folgte, der eher für Leser als für Zuhörerinnen formuliert war, dem wurde klar, was er unter Globalisierung versteht:eine Ideologie der entfesselten Wirtschaft, die sich erst recht seit dem Zusammenbruch des Ostblocks jeglicher gesellschaftlicher Steuerung und demokratischer Kontrolle entledigt hat. Sie gelte als unausweichlich und alternativlos. Die Gegner hielten dagegen, dass dies keine Gesetzmässigkeit sei, sondern die Machtinteressen spiegle.

Ein Leben in Fülle für alle

Einige der rund 200 Zuhörerinnen und Zuhörer stellten anschliessend Fragen. Raiser, des Manuskripts entledigt, sagte nun klar, dass die jetzige Dialogbereitschaft des WEF auch den Protesten zu verdanken sei: «Beides ist notwendig:Druck von der Strasse und Dialog.» Er liess offen, ob die harten Globalisierungsgegner mit den Vorstellungen von kleinräumigen Wirtschaftsbeziehungen Recht hätten. Sicher sei, dass Wirtschaft ähnlich wie politische Macht legitimiert und kontrolliert werden müsse. Macht sei nicht per se schlecht. Sie müsse gebändigt werden, damit sie Beziehungen schaffe und nicht als Nullsummenspiel ende:mit totalen Gewinnern und totalen Verlierern. Der Gott der Bibel stelle sich auf die Seite der Armen, sagte er. Zudem verkünde sie die Vision eines Lebens in Fülle für alle. Die Verelendung schwächerer Wirtschaftsteilnehmer sei eine Folge der verabsolutierten Marktideologie, sagte Raiser. Doch der ÖRK-Sekretär stellte klar, dass die Kirchen «nicht dazu da sind, die Globalisierung mit ein bisschen Moral zu unterfüttern, damit sie besser funktioniert.» Da erhob sich in der bisher etwas trockenen Feier Szenenapplaus. Draussen, vor dem Jüngsten Gericht am Hauptportal, stoppte in diesem Moment ein Securitas-Auto. Zwei Wächter mit Hund stiegen aus, um die Münsterplattform zu kontrollieren. Zufall? Es gibt Leute, die eindringlich behaupten, die Liberalisierung der Wirtschaft gehe einher mit wachsender gesellschaftlicher Repression.


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