Freitag, 16. Juni, Waisenhausplatz Bern, ab 20 Uhr
Musikalischer Protestabend
Nie wieder Apartheid!
Aufareitung der schweizerischen Komplizenschaft!
Entschädigung für die Opfer!
Ab 20 Uhr:
The African Vastrap Project - die Musik der Berge und Wüsten
am Kap der Guten Hoffnung
Alex van Heerden: trumpet & accordion
Colin Vallon: piano
Fabian Gisler: bass
Dominic Egli: drums
Europäische Melodien vermischen sich mit afrikanischen und
indonesischen Elementen zu einer unwiderstehlichen Tanzmusik, in
der teils die Trance-Musik der Khoisan, teils europäische Volksmusik
anklingt. Diese Vermischung von Musikformen und Menschen ist denn
auch der Grund, wieso African Vastrap der Afrikaaner-Elite ein Dorn
im Auge war. Es ist die anarchische Musik der Farmarbeiter und Farmer,
gespielt unter dem Sternenhimmel auf Akkordeon, Violine, selbstgebauten
Gitarren und Banjos, aber auch auf Blechblasinstrumenten. Bandleader
Alex van Heerden gehört zu jenen jungen Musikern, die Vastrap
in Richtung Jazz und elektronische Musik weiterentwickeln. Bekannt
ist er unter anderem durch seine Band the Gramadoelas. In Bern tritt
van Heerden zusammen mit Colin Vall, Fabian Gisler und Dominic Egli
auf, drei jungen Stars der Schweizer Jazz-Szene, die wie er keine
Hemmungen kennen, wenn es darum geht innovative Musik zu schaffen.
Um 21.45 Uhr:
Amandla! A Revolution in Four Part Harmony
Der Film blendet zurück auf 40 Jahre Kampf gegen die Rassentrennung
in Südafrika. Er tut dies, indem er die Geschichte des Widerstands
über die Musik erzählt. Unter dem Apartheid-Regime war
es Schwarzen verboten laut zu singen, Lieder aufzunehmen oder Musikaufnahmen
zu besitzen. Heute sind viele dieser verbotenen Lieder zu Nationalhymnen
geworden. Und «Amandla!» zu einem ungemein bewegenden
Musikfilm über den Widerstand gegen das Unrecht. Die Musik
bewegt, und der Film macht deutlich, wie elementar wichtig die Kultur
für den Menschen ist. Die Musikerinnen und Musiker, die im
Film zu Wort kommen, haben sich und ihre Arbeit teils unter Lebensgefahr
in den Kampf fürs simple Menschenrecht gestellt, einzelne sind
umgebracht worden, weil sie gesungen haben. «Amandla!»
reisst mit und macht Mut, ganz abgesehen davon, dass er einige der
grössten Musikerinnen und Musiker Afrikas mit ihren Songs auftreten
lässt.
Dazu gibt es Ansprachen von Vreni Schneider (KEESA) zu den Folgen
der Apartheid im heutigen Südarfika und Pia Hollenstein, Nationalrätin,
zum Stand der Aufarbeitung in der Schweizer Politik und Gesellschaft.
Text vom Flugblatt:
Am 16. Juni jährt sich der Aufstand der südafrikanischen
Schulkinder von Soweto zum 30. Mal. Dieser Aufstand läutete
eine neue Phase im Kampf gegen die Apartheid ein und führte
schliesslich zu deren Ende. Zum Gedenken an den Soweto-Aufstand
und mit der Forderung nach Öffnung der Schweizer Firmenarchive
ladet „Perspektiven nach Davos“ am 16. Juni zu einem
musikalischen und filmischen Protestabend auf dem Waisenhausplatz
ein.
Am 16. Juni 1976 versammelten sich die MittelschülerInnen
in Soweto, der schwarzen Millionen-Vorstadt von Johannesburg. Sie
wollten gegen eine neue Verordnung des Erziehungsministers protestieren,
die Afrikaans anstatt Englisch als Unterrichtssprache vorsah. In
der neuen Verordnung sahen die SchülerInnen von Soweto eine
weitere Schikane, ein neues Hindernis im Zugang zu Matura, Berufswelt
und Universität.
Der gewaltlose Protestzug der Jugendlichen wurde durch die Polizei
brutal gestoppt: Das Bild des von Schwester und Freund weggetragenen
dreizehnjährigen Hector Pietersen, der als erster erschossen
wurde, ging um die Welt. Die Jugendlichen flohen nicht, stellten
ihren Protest nicht ein, ein landesweiter Aufstand folgte. In wenigen
Tagen tötete die Polizei rund 600 Jugendliche. Der Aufstand
von Soweto läutete eine neue Phase des Widerstandes gegen die
Apartheid ein und wird heute als Anfang vom Ende des staatlich verordneten
Rassenwahns angesehen.
Die Schweizer Politik und Wirtschaft weigerte sich in den 1980er
Jahren, die internationalen Sanktionen gegen den Apartheid-Staat
mitzutragen und zählten zu den wenigen Unterstützern,
die das Apartheid-Regime bis zum Schluss hatte. Einen weit grösseren
Einfluss als die erwachende Anti-Apartheidbewegung hatten in den
politischen Schaltzentralen des Bundeshauses die Freunde des Apartheidstaates
um den heutigen Justizminister Christoph Blocher. Der damalige Nationalrat
gründete sechs Jahre nach dem Aufstand von Soweto die «Arbeitsgruppe
südliches Afrika» (asa), welche er bis 1990 präsidierte.
«Die Arbeitsgruppe will der weltweiten, mindestens zum Teil
zentral gesteuerten und häufig arglos weiterverbreiteten Desinformation
über das südliche Afrika in unserm Land entgegentreten
und Informationslücken ausfüllen,» schrieb Blocher
in einem Rundbrief aus dem Gründungsjahr 1982.
Über 10 Jahre nach dem Ende der Apartheid leidet Südafrika
immer noch unter den Folgen. Schulden, die das Apartheidregime machte,
um seinen Rassenwahn aufrecht zu erhalten, mussten von der demokratisch
gewählten Regierung zurückbezahlt werden. Zu den Profiteuren
und Financiers der Apartheid gehörten massgeblich auch Schweizer
Grossbanken und Unternehmen. Wir sind der Meinung, dass die heutigen
Verantwortlichen dieser Unternehmen eine Entschädigung in der
Höhe der zurückbezahlten Schulden zahlen müssen.
Daraus sollen u.a. die individuellen Opfer der Menschenrechtsverletzungen
substantiell entschädigt werden.
Eine Untersuchung über die schweizerische Südafrikapolitik
während der Apartheid wurde mit dem im Jahre 2004 abgeschlossenen
Nationalen Forschungsprogramm 42+ vorgenommen. Die Rolle der schweizerischen
Unternehmen kommt darin jedoch nur ungenügend zur Geltung,
da den ForscherInnen der Zugang zu den Firmenarchiven verwehrt blieb.
Für ihre Öffnung hätte die Nationalratskommission
für Rechtsfragen einen einfachen Bundesbeschluss fassen müssen,
wie das im Fall der Aufarbeitung der Schweizer Politik im 2. Weltkrieg
Mitte der 90er Jahre der Fall war.
Zum 30. Jahrestag des Aufstandes der SchülerInnen von Soweto
wollen wir unweit des Bundeshauses darüber öffentlich
diskutieren. Wir wollen daran erinnern, dass die Unterstützer
jener, die vor 30 Jahren auf wehrlose Kinder schossen, in den Chefetagen
von schweizerischen Unternehmen und im Bundeshaus sassen, und verlangen
Gerechtigkeit. Das sind wir den Opfern und ihren Angehörigen
schuldig.
Perspektiven nach Davos, Juni 2006
Flyer zum ausdrucken
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